Echter Terrazzo?

"Lieber Leser! Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf unseren einschlägigen Erfahrungen, örtlichen Besuchen von Objekten und dem Erfahrungsaustausch mit betroffenen Architekten und Bauherren."

Schaden Terrazzobeton

Micro Terrazzo, Moderner Terrazzo, Designterrazzo oder auch Spachtelterrazzo sind sogenannte Modebegriffe, welche sich etliche Industrieunternehmen einfallen lassen, um ihre Produkte zu vermarkten. So kommt es häufig vor, dass sogar Architekten nicht den Unterschied zwischen einem traditionellen Ortsterrazzo und einem Industrieprodukt kennen. Auch der Endverbraucher scheint bei diesem Thema zunehmend überfordert zu sein.  Vorgenannte Böden sind in der Regel entweder auf Schnellzement-Basis (Tonerde/Tenäre Fußbodensysteme) oder auf Kunstharz- oder Kunststoffbasis hergestellt und haben mit dem "echten" Terrazzo nur geringfügig etwas zu tun.

 

Die Verarbeiter solcher Industriebodensysteme sind meist ungelernte Kräfte und in der Regel fachfremd. So soll angeblich in 3 Tagesschulungen ein fundiertes Wissen durch den Industriehersteller vermittelt werden, dass den potentiellen Verleger zu einem vollwertigen Terrazzieri macht. Da die Ausführungen vieler Systeme nicht annähernd einer DIN-Norm entsprechen, sei der Kunde gewarnt! Nachhaltige Probleme dieser Bodenlösungen enden meist in einem juristischen Debakel. So muss der Endverbraucher oft den allgemeinen Produktbestimmungen des Herstellers zustimmen oder sich bestenfalls mit EN-Normen begnügen. Manchmal schließen Hersteller solcher Fabrikate ihre Produkthaftung auch gänzlich aus! Dies hat meistens die Ursache, dass viele jener Produkte aus dem EU-Ausland stammen. Ob jene eine bautechnische Zulassung in Deutschland haben, ist oft fragwürdig und sollte bei Einsatz immer geprüft werden. Standards aus Österreich, Frankreich oder Spanien müssen nicht den technischen Anforderungen nach DIN entsprechen.

Gerade der Einsatz von "kunststoffmodifizierten Zementen" welche als Bindemittel dienen und als sog. Bindematrix verkauft werden, bringen häufig nachhaltige Probleme mit sich. Selbstversuche oder Testperioden von Verarbeitern bzw. Herstellern  sind nicht den "Allgemeinen Regeln der Technik" zuzuschreiben.

 

Die Auswahl an industriellen Herstellern ist zur Zeit groß, jedoch hat sich keines dieser Bodensysteme gegenüber dem "echten Walz- und/oder Gussterrazzo" wirklich bewährt. Deshalb sollten sich sowohl Architekten, als auch der Endverbraucher über die genaue Zusammensetzung des Bodenbelages und dessen Verarbeitung informieren lassen. Dabei spielt vor allem die Brandschutzklasse, aber auch der Verschleißwiderstand eine wichtige Rolle.

In den letzten Jahren mussten wir immer wieder schmunzeln, wenn ein "Micro- Terrazzo" für eine Fläche von 2000-4000m² angefragt wurde. Viele dieser Anfragen kamen von großen Architekturbüros, welche die Beläge für Einkaufszentren oder öffentliche Gebäude in Betracht gezogen hatten. Gemäß des vorgebenen  Bauzeitenplanes sollte die Fläche dann in 2 Monaten fertiggestellt und übergeben werden.

 

Wenn man jene Flächen mit einem "echten Terrazzo" ausgestalten würde, wäre eine wesentlich längere Fertigungszeit von mindestens einem halben Jahr zu kalkulieren!

 

Für heutige Investoren und Bauherren absolut undenkbar. Also greift man zu kunstoffmodfizierten Bodensystemen und ist auch noch der Meinung, es handele sich hierbei um einen "echten Terrazzo".

 

 

Der Begriff Micro-Terrazzo und was dahinter steckt

Der Begriff des Micro-Terrazzo scheint mittlerweile bei vielen Architekten zu einem Modewort zu verkommen. Häufig hören wir diesen Begriff auch von Estrichlegern oder Malerbetrieben. Die Industrie hat ihr Bestes getan, um den Begriff "Terrazzo" zu entstellen. Aber was ist ein "Micro-Terrazzo"? Der Begriff "Micro" soll deutlich machen, das eine sehr kleine Korngröße im Belag zur Verwendung kommt. Meist ein Korn 3-6mm. Durch diese kleinere Kornstruktur kann die Estrichmasse wunderbar gepumpt werden. Dies geschieht häufig mit sog. Estrichpumpen. Spätestens hier entfernt man sich von der traditionellen und handwerklich aufwendigen Herstellung eines Terrazzo. Um Schwindrisse zu vermeiden wird der Estrichmasse ein " kunstoffmodifizierter" Zement beigefügt, welcher den Belag extrem elastisch macht. Nun kann der Handwerker laut Industriehersteller teilweise 100m²-Felder Terrazzo ohne Dehnungsfuge ausgestalten. Der Traum eines jeden Architekten wird angeblich Realität!

 

Welchen Preis zahlt der Bauherr für die schnelle Herstellung riesiger Bodenfelder? Der Preis ist hoch! Vor allem die letzten Jahre haben gezeigt, dass Micro-Terrazzi für den hochfrequentierten Bereich absolut ungeeignet sind. Die Verschleißerscheinungen sind so enorm, dass Bauherren teilweise überlegen müssen, ob sie die gefertigten Böden vollständig ersetzen müssen. Als matt und verschlissen könnte man das optische Bild eines Micro Terrazzo nach kurzer Zeit bezeichnen. Der Kunststoffgehalt der Böden ist dabei wohl eine Hauptursache. Somit ist "Micro Terrazzo" ein wohl eher fragwürdiges industrielles Bodensystem! Da viele Hersteller ihre Referenzen im Internet ausweisen, empfehle ich vor allem Architekten den Besuch dieser Objekte, um sich ein einschlägiges Bild vom " Bodenbelag der Zukunft" zu machen. Wir haben es getan und waren erschüttert.

Nachteile von modernen Terrazzosystemen, Micro Terrazzo, Spachtelterrazzi, kunstoffmodifizierten Terrazzoböden und Terrazzoptiksystemen

Einer der größten Nachteile des sogenannten "Micro Terrazzo" ist die unzureichende Verschlussmöglichkeit von auftretenden Rissen. Es ist nie auszuschließen, dass sowohl bei zementgebundenen, als auch bei kunststoffgebundenen Böden Risse auftreten können.

 

Diese sind allerdings nur unter Einbußen der Optik zu verschließen, d.h. der ausgebesserte Riss wird immer sichtbar sein und ist zudem unschön anzusehen.

 

Bei einem klassischen Walzterrazzo können die Risse so verschlossen werden, dass man diese kaum mehr erkennt.

Ein großer Nachteil ist auch die oft mangelhafte UV-Beständigkeit der Böden. So muss der Boden mit einem speziellen Imprägnat oder einer PU-Versieglung behandelt werden, um eine UV-Beständigkeit zu erlangen. So kann es passieren, dass ein Micro Terrazzo im Laufe der Jahre vergilbt.

 

Dieser Vergilbungseffekt ist abhängig von der Qualität des verwandten Kunstharzes und der Beschichtung. Ein echter Terrazzo ist hingegen 100% UV beständig!

Ein weiterer Nachteil ist die Oberflächenqualität. Nach mehrjähriger Nutzung weisen die meisten Micro Terrazzi, Designestriche und Spachtelterrazzi erhebliche Verschleißerscheinungen auf. So nimmt der Oberflächenglanz stark ab, oder es entstehen hässliche Gebrauchsschlieren, welche sich nur noch schwer entfernen lassen.

 

Der Walzterrazzo bzw. Gussterrazzo hingegen hat bewiesen, dass er selbst nach hunderten von Jahren bei regelmäßiger Pflege seine Oberflächenqualität mühelos beibehalten kann.

 

Zur Zeit wird von der Industrie versucht die Oberflächen mit sogenannten 1k und 2k Beschichtungen zu retten. Auch dies ist nur Augenwischerei, denn eine Beschichtung läuft sich immer ab!

Im vorliegenden Fall kam eine 2k Beschichtung zum Einsatz. Wie man erkennen kann, hat diese mit der Zeit eine sehr starke Abnutzung erfahren. Durch die Belastung mit Gummisohlen hat die Beschichtung schwarze Streifen angenommen.

 

Da kunstoffmodifizierte Böden eigentlich keinen wirklichen Glanz annehmen, versucht man mit Beschichtungen einen Glanzeffekt herzustellen. Leider hat es die Bauchemie noch nicht geschafft, eine Beschichtung verschleißfrei zu entwickeln.

 

Auch hier hilft nur den Boden abzuschleifen und neu zu versiegeln. Hohe Kosten sind periodisch vorprogrammiert.

In diesem Eckbereich kann man erkennen, an welcher Stelle der Boden die höchste Frequentierung erfährt. Durch stetige Belastung hat sich die Oberfläche abgetreten.

 

Zu erklären ist dies so: Die Marmorkörnung welche hier als Zuschlag verwandt worden ist, besitzt eine höhere Härte (Mohs 3) als das Bindemittel. Folglich treten sich die Zwischenräume ab und nur das Korn bleibt stehen.

 

Für diesen Fall gibt es keine Sanierungsmöglichkeit mehr. Es bedeutet auch letztlich das Endstadium eines modernen Bodensystems. Hier hilft nur noch der Rausriss!

Auch hier findet sich ein sehr interessantes Schadensbild. Die Bodenkonstruktion ist in diesem Fall extrem offenporig. Problem war hier, dass sich der Schmutz und Dreck mit dem Boden verbunden hat. Die Poren sind vollständig mit Schmutz ausgefüllt. Da polymergebundene Böden oft Probleme mit der Spachtelung haben, hat man die Fülle an Löchern nicht schließen können bzw. der Boden hat das Spachtelmaterial nicht angenommen.

 

So ist das ehemals blütenweisse Muster nun schwarz gepunktet.

Spachtel-Terrazzoböden - Terrazzo aus dem Eimer

Im Trend liegen zur Zeit auch sogenannte "Spachtelterrazzoböden". Diese werden in fertigen Behältnissen angemischt und als Verlaufsmasse in meist 1cm Schichtstärke aufgetragen. Es handelt sich hierbei häufig um "Fertigmischungen". Das Bodensystem kann nach einem Tag geschliffen werden.

 

Das Ergebnis ist ein meist stumpfer Boden, welcher eine plastikartige Haptik aufweist. Der größte Nachteil dieser Böden ist seine Verschleißfestigkeit. Spachtelterrazzoböden nehmen beim regelmäßigen Gebrauch starke Kratzer und Schlieren an (siehe beistehendes Photo).  Diese fallen bei natürlicher Lichtwirkung sehr stark ins Auge.

 

Oft werden diese Systeme auf Silikatbasis oder Magnesitbasis hergestellt. Magnesit hat den Vorteil, dass er extrem schnell aushärtet und somit auch sehr schnell bearbeitbar ist. Allerdings dürfen diese Böden nur trocken geschliffen werden, da Magnesit bei Wassereinwirkung geschädigt wird. So quellen die Böden regelrecht auf. Aus diesem Grund wird der Boden mit einem PU-Siegel oder einer 2K-Versiegelung geschützt. Ohne diese Versiegelung würde der Boden stumpf ausschauen und wäre technisch kaum nutzbar.  Einige Hersteller preisen diese Böden sogar als "mineralische Steinböden" oder ökologische Steinteppiche an.

 

Zur Zeit werden diese Produkte zunehmend aus dem EU-Ausland auf den deutschen Markt gespült. Besonders in den Niederlanden und in Frankreich erfreut man sich solcher Produkte. Dort werden diese Böden sogar überteuert mit 3D-Roboter-Einsatz vermarktet. Aber auch deutsche Firmen vertreiben diese Böden als Eimer-Ware bereits an Endkunden.

 

Weitere Bilder hierzu finden Sie unter unserem Blog-Beitrag!

TerrazzoGrano, Hartstoffböden und sonstige Industrieböden mit Schmuckkorn

In Österreich und in der Schweiz liegen geschliffene Industrieböden zur Zeit sehr im Trend. Da es das traditionelle Terrazzohandwerk in diesen Ländern nicht als klassischen und regulierten Ausbildungsberuf gibt, bieten Estrichlegerfirmen einen besonderen Nährboden für diese Industrieestrichsysteme. Jene Systeme versprechen ein homogenes Bodenbild, da Kleinstkorn als Zuschlag verwendet wird. Da das Material grundsätzlich gepumpt wird, entstehen meist Gusswolken. Zur Endbehandlung kommen oft sog. PU-Siegel zum Einsatz. In der Langzeitnutzung tritt sich dieses Siegel meist schon sehr früh ab und der Boden verliert an Brillianz.

Ein Micro Terrazzo, TerrazzoGrano etc. hat ein furchtbares Raumklima und es kommt manchmal vor, dass Böden "müffeln". Wer sich jedoch in Industrieräumen wohl fühlt, wird mit dem künstlichen Raumklima glücklich sein. Ein echter Terrazzo hingegen lässt die Lungen durchatmen und vermittelt Behaglichkeit, da er 100% ökologisch ist. Zudem dürfen gemäß der Herstellervorschriften bei einigen Designbelägen nur deren spezielle Reinigungsmittel verwandt werden. Die meisten der auf dem Markt befindlichen Systeme gibt es erst seit wenigen Jahren. Somit lassen sich erst seit kurzem Aussagen über die Langlebigkeit solcher Bodensysteme treffen. Unsere Begutachtungen in vielen öffentlich zugänglichen Gebäuden bestätigen unsere Thesen. Die Zustände vieler Böden, welche seit 2011 erstellt wurden, sind leider desaströs. So gehen wir momentan davon aus, dass diese Art der industriell gefertigten Böden mit der Zeit verschwindet, denn allmählich wird klar, dass die von vielen Industrieherstellern gepriesene Langlebigkeit ihrer Produkte dem Alltag nicht Stand hält.

 

Was zurückbleibt ist ein erheblicher Imageschaden für das klassische Terrazzolegerhandwerk. Auch wenn es in Deutschland nur eine Hand voll Betriebe gibt, welche noch traditionellen Ortsterrazzo herstellen, darf man die Betriebe in Italien, Niederlande und den USA nicht vergessen. In diesen Ländern wird jenes traditionelle Handwerk noch gelebt und zwar in einer anderen Dimension als in Deutschland. Die Niederlande steht für die klassische Fertigung von Terrazzowaschbecken und Küchenböden, Italien für die Gestaltung von Terrazzi alla Veneziana und die USA für die Herstellung von großflächigen Bodenkunstwerken.

Beton-Terrazzo und Terrazzoböden aus Schnellzementen

Schadensbericht "Opus Signinum" in Rheinland-Pfalz

Ein Opus Signinum wurde mit einem Schnellzement hergestellt - Das Schadensbild des Bodens ist enorm.

 

Schnellzemente in Verbindung mit Ziegelsplitt können zu sonderlichen Schadensbildern führen. Der nachfolgende Schadensbericht zeigt dies im Detail:

 

Schadensbericht "Terrazzo-Designestrich" in NRW

Schaden Beton-Terrazzo

Ein sogenannter Designestrich in Terrazzoptik wurde großflächig in einer Modeboutique umgesetzt. Man hat versucht im venezianischen Stil Zuschläge einzustreuen.

 

Der Boden ist spinnennetzartig gerissen. Es handelt sich vermutlich um über 2000 Risse im Boden.

Schadensbericht "Schnellzement-Terrazzo" in NRW

In Nordrhein-Westfalen  wurde im Erdgeschoss eines Einkaufszentrums ein Fake-Terrazzo verbaut.

 

Ein Boden auf Basis eines Schnellzementes mit sonderlichem Schmuckkorn. Massive Risse und Verfärbungen zeichnen den Boden.

 

 


Betonterrazzo, Terrazzobeton

Es gibt einige Bauchemiehersteller, welche sog. Schnellzemente ( auch Terrazzozemente etc. genannt) am Markt anbieten. Besonders beliebt sind diese Schnellzemente bei Laien und Estrichlegerbetrieben, welche Terrazzoböden anbieten möchten.

 

Grundsätzlich sind diese Schnellzemente für die Herstellung von Terrazzoböden in Deutschland nach den einschlägigen DIN-Bestimmungen verboten. Ein Grund dafür ist, dass durch das schnelle Abbinden des Materials keine Verdichtung des Terrazzo möglich ist.

 

Die Hydratation von Tonerdezement unterscheidet sich wesentlich von der des Portlandzements, da die Form der gebildeten Calciumaluminathydrate von der Temperatur, bei der die Hydratation stattfindet, abhängt. Bei Temperaturen ≤ 40 °C führt die Hydratation zu einer vorübergehenden hohen Festigkeit, die im Laufe der Zeit abhängig von Temperatur und Feuchtigkeit auf ein geringeres stabiles Festigkeitsniveau abfällt. Dieser als Konversion bekannte Vorgang ist auf eine unvermeidliche und unumkehrbare Umwandlung der Hydrate im Zementstein, verbunden mit einem Anstieg der Porosität, zurückzuführen.

 

So schmutzen diese Böden nach einer gewissen Zeit deutlich an und verlieren ihr brilliantes Erscheinungsbild. Oft scheint es so, als würden sich diese Böden sogar abtreten.  Langzeiterfahrungen und Ursachen werden zur Zeit wissenschaftlich erforscht.

 

Terrazzo Hess GmbH
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